Die hübschen Fruchtkörper erscheinen schon im zeitigen Frühjahr und können in Bergregionen bis in den Sommer hinein gefunden wurden. Die glasig-weißen Stiele sind 2–4 cm lang und 2–3 mm dick. Sie heben den zitronengelben bis satt orangenen und 3–6 mm lange Kopfteil aus dem Wasser.
In diesen Köpfchen entwickelt der Sumpf-Haubenpilz seine Sporen, um sich zu vermehren.
Mit bloßem Auge sind die winzigen Sporen nicht zu erkennen. Sie entstehen in Schläuchen und werden bei Reife regelrecht herausgeschossen.
Über Luft und Wasser gelangen sie dann in geeignete, neue Lebensräume. Naturbegeisterte können die kleinen Fruchtkörper dennoch leicht entdecken, weil sie oft zu Dutzenden auf kleiner Fläche stehen.
In Deutschland liegen die Hauptverbreitungsgebiete des Sumpfhaubenpilzes in den sauren Mittelgebirgen wie Bayerischer Wald, Harz, Thüringer Wald und Schwarzwald. Flächendeckende Forstschäden
durch Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer mit anschließender forstlicher Beräumung wie aktuell im Harz bedingen auch riesige Lebensraumverluste von Organismen wie dem Sumpf-Haubenpilz, die auf
weitgehend ungestörte, sumpfige Waldstellen angewiesen sind. Die forstlichen Fehler der Vergangenheit werden mit massivem, maschinellem Einsatz bekämpft, um wirtschaftliche Interessen zu wahren –
das Gegenteil von naturverträglich und ökologisch nachhaltig.
Der günstigste und beste Weg wäre das Zulassen von Walddynamik: Abgestorbene Bäume verbleiben als Schattenspender und Feuchtigkeitsreservoir, sodass auf den Flächen ein gesunder Wald aus Naturverjüngung entstehen kann. Die Ergebnisse sind beispielsweise heute schon in den ehemaligen Fichtenforsten des Nationalparks Bayerischer Wald zu sehen. Dort wächst ein stabiler, standortgerechter Bergmischwald auf, der in wenigen Jahrzehnten wieder Lebensräume für den Sumpf-Haubenpilz und viele weitere Arten bietet.
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den
Sumpf-Haubenpilz zum „Pilz des Jahres 2023“ ernannt.
Die DGfM will mit ihrer Wahl die Gefährdung von Lebensräumen spezialisierter Arten in den Fokus rücken. Vor allem längere Trockenperioden infolge der Klimaerwärmung und der Biotopverlust durch großflächigen Waldumbau machen dem Sumpf-Haubenpilz verstärkt zu schaffen.
Salem (Malchin), 5. November 2022 — Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat während der 4. Boletus-Tagung der Arbeitsgruppe Mykologie Mecklenburg-Vorpommern (AMMV) den Sumpf-Haubenpilz als „Pilz des Jahres 2023“ präsentiert.
Anders als bekannte Hutpilze erinnern die glasig-weiß gestielten Fruchtkörper mit ihren gelben bis orangen Köpfchen an Streichhölzer. Der Pilz besiedelt naturnahe, sumpfige und nährstoffarme Gewässer auf sauren Böden.
Dort zersetzt er Pflanzenreste wie zum Beispiel Laub, Nadeln und Fichtenzapfen. Der Sumpf-Haubenpilz kommt zwar in ganz Europa vor, ist jedoch auf Lebensräume in naturnahen Wäldern mit sauberem Wasser angewiesen.
Bildmaterial: Eine Gruppe Sumpf-Haubenpilze in einem moosigen Waldbach (Foto: Dr. Matthias Theiß)
Infos: https://www.dgfm-ev.de/presse/pilz-des-jahres-2023-sumpf-haubenpilz
Alle öffentlichen Aktivitäten des Vereins sind auf Grund der Corona-Verordnungen bis auf Weiteres eingestellt.
DGfM Pilz des Jahres 2022:
Fliegenpilz
Dieses Jahr kürte die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) den Fliegenpilz (Amanita muscaria) zum Pilz des Jahres 2022.
Ob aus dem Kinderbuch, als Glückssymbol oder als Rauschmittel der Schamanen, fast jeder kennt diesen Pilz mit dem leuchtend roten Hut und den weißen Flocken.
Und trotzdem wissen die meisten nur wenig über ihn.
Der Fliegenpilz gehört wie auch der Grüne Knollenblätterpilz zur Gattung der Wulstlinge (Amanita). Weitere Merkmale des Fliegenpilzes sind die weißen dichtstehenden Lamellen, die am Stiel (fast) frei angewachsen sind. Der 7 – 16cm lange Stiel ist weiß bis hellgelb und mit einem herabhängend, am Rand gelblich gezackten Ring versehen. An der Stielbasis befindet sich eine kräftige mit Warzengürteln gespickte Knolle. Der Pilz lebt in Symbiose mit unterschiedlichen Laub- und Nadelbäumen (Birke, Buche, Fichte, Tanne) gerne auf sauren Böden und trägt wesentlich zur Wasser- und Nährstoffversorgung dieser Bäume bei. Er stellt also einen wichtigen Teil des „Wood Wide Web“ dar.
Der Fliegenpilz ist ein Giftpilz und somit nicht zum Verzehr geeignet. Die vorhandenen Giftstoffe Ibotensäure, Muscimol und Muscarin können nach kurzer Latenzzeit von maximal vier Stunden zunächst zu Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfällen führen, in weiterer Folge können Halluzinationen, psychotische Zustände und Benommenheit eintreten.
Was die Namensgebung angeht, gehen die Deutungen auseinander. Zum einen hat man damals Stücke des Pilzes in gezuckerte Milch gelegt, um damit die Fliegen zu fangen. Aber es gibt noch weitere Theorien, die mit der halluzinogenen Wirkung des Pilzes zu tun haben. Denn „Fliegen“ galten früher das Symbol für „Wahnsinn“, welcher durch die enthaltenen Giftstoffe hervorgerufen wurde. Deshalb raten Mykologen von Selbstversuchen mit dem Pilz als Rauschmittel ab.
Die Kür des Fliegenpilzes zum Pilz des Jahres 2022 erfolgte während der Jubiläumstagung zum 100-jährigen Bestehen der DGfM in Blaubeuren.
Text und Foto: Thomas Zupan
DGfM wählt den Grünling (Tricholoma equestre) zum Pilz des Jahres 2021
Vom Marktpilz zum Giftpilz!
Der Grünling galt in Deutschland bis zur Jahr-tausendwende zu den schmackhaften und ergiebigen Speisepilzen, die sogar als Marktpilz vertrieben wurden. Bis im Jahre 2001 eine französische Studie über schwere Rhabdo-myolsefälle seinen guten Ruf zu Nichte machte. Zwischen 1992-2001 soll es bei mehreren Menschen nach häufigen und üppigen Pilzmahlzeiten dieses Pilzes über einen längeren Zeitraum zu Vergiftungserscheinungen gekommen sein, die teilweise tödlich endeten. Dieser Lamellenpilz soll vermutlich Rhabdomyolyse (Muskelschwäche) auslösen. Es kommt hierbei zur Auflösung der quer-gestreiften Muskelfasern, dabei wird das Protein Myoglobin freigesetzt, was zu akutem Nierenversagen führen kann. Eindeutig nachgewiesen ist das dennoch nicht. Seit 2018 liegen Studien vor, die die generelle Giftigkeit des Grünlings in Frage stellen. In machen osteuropäischen Länder wird er heute immer noch als Marktpilz angeboten.
In Deutschland wird er von der Gesellschaft für Mykologie (DGfM) als Giftpilz eingestuft und vom Verzehr wird dringend abgeraten. Er darf auch von den DGfM geprüften Pilzsachverständigen nicht mehr zum Verzehr freigegen werden. Auch vor dem Benutzen älterer Pilzbücher wird gewarnt. Im Laufe der Jahre ist man zu neuen Erkenntnissen gekommen, was den Speisewert verschiedenster Pilze betrifft. So kann es sein, dass ein lange geglaubter Speisepilz sich als Giftpilz entpuppt und andersrum. Nicht nur wegen des fraglichen Speisewertes, sondern auch wegen den rückläufigen Fundzahlen steht dieser Pilz mittlerweile unter der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) und darf weder gesammelt noch seine Standorte beschädigt oder gar zerstört werden.
Grünling, ein Echter Ritterling
Der Lamellenpilz gehört zur Gattung der Ritterlinge und ist ein Mykorrhizapilz, was so viel heißt, dass er in Partnerschaft mit einem Baum lebt. Beim Grünling sind dies bevorzugt Nadelbaume wie z.B die Kiefer. Der Grünling bevorzugt die sandigeren Nadelwälder und wie viele Mykorrhizapilze ein nährstoffarmes Biotop, welches im Zuge der Landwirtschaft und Industrie immer seltener wird.
Der nach Mehl duftende Fruchtkörper an sich hat einen 5 und 15 Zentimeter breiten, gelbgrünlich bis bräunlichgrün gefärbten Hut, der mit schmierig anliegenden Schuppen besetzt ist. Auf der Unterseite befinden sich eng stehende, zitronengelb bis schwefelgelb getönte Lamellen, die am Stiel burggrabenförmig angewachsen sind, „daher der Name Ritterling“. Der grünliche bis bräunliche, oft knollige Stiel kann bis zu 10cm lang und 2,5cm dick werden.
Es gibt noch 2 weitere sehr ähnliche Grünlingsarten, den Kiefernwaldgrünling (Tricholoma auratum) und den Pappelgrünling (Tricholoma frondosae). Diese werden aber von den meisten Autoren nicht abgetrennt. Der Grünling oder auch Echter Ritterling genannt, ist Pilz des Jahres 2021.
Text: T. Zupan / Foto: R. Kriegelstein
Aus einem kugeligen tennisballgroßen Hexenei sprießt die Gewöhnliche Stinkmorchel.
Das Hexenei enthält ein Gel als Wasserspeicher für den innenliegenden Pilz-Fruchtkörper.
Durch Osmose fließt das Wasser aus dem Gel in den Fruchtkörper hinein, die Hülse des Hexeneis reißt auf, und der Fruchtkörper streckt sich binnen Stunden um das 10- bis 15fache in die Höhe. Gleichzeitig reift die feuchtolivgrüne Sporenmasse außen an der Spitze des Fruchtkörpers und verströmt einen stark aasartigen Geruch, welcher Insekten anlockt.
Die Sporenmasse wird von den Insekten vertilgt, die anschließend die Sporen mit ihrem Kot in der Gegend verteilen.
Aufgrund dieser Partnerschaft zwischen Pilzen und Insekten weist die DGfM auf mögliche Folgen für die Pilzpopulation durch das Insektensterben hin.
Stinkmorcheln sind Zersetzer und kommen von Frühsommer bis Spätherbst im Mischwald vor.
Text und Foto: D. Hackett
Giftnotruf: 07 61 - 19 240